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AUSGABE 72 | KW13 | → Onlineversion

Hallo aus dem Homeoffice!

 

In diesem Newsletter geht es um die Kunst, Fragen zu stellen. Dazu möchte ich eine Anekdote mit dir teilen, die ich aus dem Buch The Charisma Myth von Olivia Fox Cabane kenne:

Jennie Jerome, die Mutter von Winston Churchill, soll auf einer Dinner-Party mit Benjamin Disraeli und William Gladstone gesprochen haben. Die beiden waren zu der Zeit Wettbewerber um das Amt des britischen Premierministers.

Später soll Jerome gesagt haben, nach dem Gespräch mit Gladstone habe sie den Eindruck gehabt, Gladstone sei der klügste Mensch von England.

Nach dem Gespräch mit Disraeli hingegen habe sie den Eindruck gehabt, sie, Jerome, sei die klügste Frau von England.

Disraeli gewann später die Wahl.

 

Wie wir kluge Fragen stellen

Ich bewundere Menschen, die gut darin sind, kluge Fragen zu stellen. Häufig beobachte ich mich in Gesprächen dabei, der anderen Person mit eigenen Gedanken helfen zu wollen, statt lange genug nachzufragen, bis die andere Person ihre eigene Antwort gefunden hat. Manchen Menschen scheint es einfacher zu fallen, zu fragen statt selbst Antworten zu geben. Was mir dabei aufgefallen ist:

Spitze vs. breite Fragen: Menschen, die es schaffen, anderen mit Fragen interessante Dinge zu entlocken, fragen häufig mit großer Offenheit. Ich tendiere manchmal dazu, schon so sehr über eine Lösung nachzudenken oder genau zu wissen, welche Information ich möchte, dass die Frage sehr spitz ausfällt. Am Ende führt das vielleicht schneller zu einem Ergebnis, aber die andere Person kann nicht besonders viel von sich selbst einbringen. Es macht also vielleicht Sinn, sich bewusst zu sein, ob ich gerade sehr spitze Fragen stelle, die nur eine begrenzte Menge an Antworten zulässt. Oder ob ich wirklich neugierig und breit frage.

Informationen bekommen vs. Denkprozess begleiten: Was beim Fragenstellen auch hilft, ist zunächst mal Klarheit für sich selbst zu haben, warum man eigentlich fragt. Wie der Autor Josh Kaufman hier schreibt, macht es einen Unterschied, ob ich frage, um selbst Informationen zu bekommen, ob ich einen Rat von der anderen Person möchte – oder ob ich eben der Person dabei helfen möchte, selbst eine Antwort auf eine komplexe Frage zu finden.

Mit „Warum?“ anfangen: Was fast immer sinnvoll ist, ist mit der Frage „Warum?” anzufangen. Die Frage zu stellen, ist oft die einfachste Möglichkeit, die andere Person dazu zu bringen, etwas breiter zu denken, starre Annahmen („Wir machen das immer so!“) über den Haufen zu werfen und sich selbst zu reflektieren. Immer wenn du beim Zuhören einen Gedankengang oder Zusammenhang nicht 100 % verstehst, frag einfach nach (statt wissend zu nicken): Warum denkst du das? Wie bist du zu dieser Schlussfolgerung gekommen? Warum nicht auch anders?

Eine Frage, die dich durch die Woche begleiten soll:

In welchem beruflichen Kontext möchtest du künftig mehr Fragen stellen als du es bisher tust?

Dieser Newsletter wäre für mich ein voller Erfolg, wenn er nur ein paar Menschen dazu bringt, in Zukunft mehr und bessere Fragen zu stellen. Vielleicht hilft dir die Frage der Woche dabei, erste Schritte in die Richtung zu gehen.

Eine supergute Woche wünschen
Sebastian und das Team von Neue Narrative

Illustration von Sebastian am Laptop
Ein recht langes, aber sehr lesenswertes Interview mit Carolin Emcke über die Ukraine, Langsamkeit und die Zukunft der Demokratie.
Dieser Text hat mich darin bestärkt, meine Selbstansicht in Video-Calls auszublenden. Ist die Vorstellung nicht völlig verrückt, in einem In-Persona-Meeting einen Spiegel aufzustellen, in dem man sich die ganze Zeit selbst sieht? Warum sollte man es dann in einem Video-Call tun?
Ein spannender Text über systemerhaltende Business-Bücher der letzten Jahre.

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