Die Grossratsfraktion lässt den Forderungen Taten folgen. Im Januar verabschiedete ein rege besuchter Online-Parteitag den liberalen Standpunkt "Stromversorgungssicherheit". Nun wurde die FDP Aargau mit Vorstössen auf Bundes- und Kantonsebene aktiv.
Gemäss Risikoanalyse des Bundes ist die Strommangellage das grösste Risiko in der Schweiz – noch vor einer Pandemie. Die Wahrscheinlichkeit, dass im Winter während mehrerer Monate eine Stromunterversorgung eintreffen könnte, ist markant gestiegen. Das abschätzbare Schadensausmass ist gewaltig und übertrifft die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie. Die Folgen sind für Gesellschaft und Wirtschaft verheerend.
Das sind die fünf Hauptforderungen:
1. Stromversorgungssicherheit herstellen a) Massnahmen ergreifen, damit Gaskraftwerke als Überbrückungstechnologie zur Abwendung einer Strommangellage eingesetzt werden, und b) die Konzerne wieder vermehrt in der Schweiz investieren, um die Auslandabhängigkeit zu vermindern.
2. Verantwortlichkeiten regeln: Kurzfristig bis 2025 muss das Krisenmanagement auf allen Staatsebenen vorbereitet werden, sodass bei einem Stromversorgungsunterbruch rasch und zielgerichtet gehandelt werden kann.
3. Technologieoffen in Forschung investieren: Der Regierungsrat wird aufgefordert, eine Forschungsoffensive zu lancieren, welche möglichst CO2-neutralen Technologien zur Verbesserung der Stromversorgungssicherheit Schub verleiht und auf Bundesebene ist das Forschungsverbot aufzuheben.
4. Verfahren beschleunigen: Wir fordern die Ausweitung des Meldeverfahrens für Wärmepumpen, den Abbau von Bürokratie und die Überprüfung der verwaltungsinternen Haltung, dass ein Heizungsersatz kein öffentliches Interesse hat.
5. Anreize schaffen: Mit gezielten steuerlichen Anreizen wollen wir den Ausbau der erneuerbaren Energie fördern. Beispielsweise soll der Bau einer PV-Anlage auch bei einem Neubau steuerlich abzugsfähig sein.
Die FDP Aargau und die freisinnige Grossratsfraktion werden in diesem Bereich aktiv und hartnäckig bleiben, damit die geforderten Massnahmen auch konkrete Formen annehmen.
Dossier Stromversorgungssicherheit
Alle Vorstösse und weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit der Thematik sind aufgeschaltet auf unserer Website:
AEW und Axpo sollen vermehrt in Versorgungssicherheit investieren
Die FDP-Fraktion fordert den Regierungsrat in einer Motion auf, im Rahmen der Eigentümerstrategie sicherzustellen, dass die Axpo Holding AG (Axpo) und die AEW Energie AG (AEW) verstärkt in der Schweiz in die $chweizer Versorgungssicherheit investieren, um der drohenden Versorgungslücke im Winter entgegenzuwirken.
Gesellschaft und Wirtschaft müssen jederzeit mit genügend Energie versorgt werden. Spätestens ab 2025 droht der Schweiz in den Wintermonaten eine Strommangellage. Die drohende Winterstromlücke lässt sich nur mit gezielten Investitionen in einen Energiemix stopfen, der einerseits eine konstante Versorgung garantiert und anderseits den Anspruch der Nachhaltigkeit erfüllt. Der Regierungsrat muss proaktiv auf das Investitionsverhalten der Axpo und der AEW Einfluss nehmen. Die Investitionen müssen wieder verstärkt der inländischen Versorgungssicherheit dienen.
Risiken minimieren
Der Stromimport aus dem Ausland ist mit Risiken verbunden. Vor allem dann, wenn der Strom in grossen Teilen von Europa als Folge der EU-Klimapolitik (Green Deal) und dem KKW-Ausstieg in Deutschland knapp werden wird. Mit den für diesen Fall in der EU ab 2025 geplanten Netznutzungs-Restriktionen kann der im Ausland produzierte Strom nicht mehr in ausreichender Menge in die Schweiz transportiert werden. Die Investitionen im Ausland in die Stromproduktion nützen in diesem Fall kaum etwas. Deshalb gehören die Investitionen in die Versorgungssicherheit zurück in die Schweiz. Wir wollen damit keinen Heimatschutz betreiben und sprechen den Nutzen von Auslandinvestitionen nicht komplett in Abrede. Beispielsweise können Investitionen in PV-Anlagen in Südeuropa sinnvoll sein, um mit dem Strom Synful oder Wasserstoffgas herzustellen. Beides könnte problemlos transportiert werden und würde einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit zum Betreiben der geplanten Gaskraftwerke leisten.
Aus diesen Gründen muss der Regierungsrat die Vorgaben verschärfen, im Interesse der Wirtschaft und der Bevölkerung im Aargau.
In der dritten Auflage der nationalen Risikoanalyse "Katastrophen und Notlagen Schweiz" vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) ist neben den Risiken Pandemie und Ausfall Mobilfunk, die Strommangellage als grösstes Risiko aufgeführt. Gemäss dem BABS handelt es sich bei einer Strommangellage um eine Mangellage nach Artikel 2 des Landesversorgungsgesetzes (LVG), welche die Wirtschaft nicht aus eigener Kraft überwinden kann.
Dabei sind Stromangebot und Stromnachfrage aufgrund eingeschränkter Produktions-, Übertragungs- und/oder Import-Kapazitäten während mehrerer Tage, Wochen oder sogar Monate nicht mehr im Einklang. Eine Strommangellage kann beispielsweise eintreten, wenn die Wasserstände in Flüssen und Stauseen tief sind, die inländische Stromproduktion deshalb reduziert ist und das Defizit nicht durch zusätzliche Importe gedeckt werden kann. In der Gefährdungsanalyse vom Kanton Aargau aus dem Jahr 2007 ist nur der Stromausfall (T10) aufgeführt, nicht aber die Strommangellage.
Daher hat die FDP-Fraktion eine Motion eingereicht, mit dem Ziel, die Strommangellage als neues technisches Risiko aufzuführen. In der Risikoanalyse sollen die Auswirkungen einer Strommangellage auf die Wirtschaft, die Gesellschaft, die Umwelt wie auch auf einzelne Personen dargelegt werden.
Forschungsoffensive ist gefragt
Adrian Meier, Grossrat, Vize-Parteipräsident, Ressortleiter Bau, Verkehr, Umwelt, Energie und Raumordnung, Menziken adrian.meier@grossrat.ag.ch
Stromproduktion und -speicherung muss mit neuen Methoden optimiert werden
Der Bund macht auf das Risiko einer Strommangellage ab dem Jahr 2025 vor allem in den kritischen Wintermonaten aufmerksam. Eine Stromlücke hat absehbare, verheerende Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Während bedeutende Kapazitäten im In- und Ausland in den nächsten Jahrzehnten vom Netz gehen, steigt der Stromverbrauch bis 2050 aufgrund des Ausbaus der Elektromobilität, der Wärmepumpen und weiteren zusätzlichen Haushaltsgeräten an. Eine Strommangellage muss verhindert und die Stromproduktion sowie -speicherung mittel- und langfristig auf ein stabiles Fundament gestellt werden. Hierfür ist die Forschung in der Stromproduktion und -speicherung das richtige Instrument.
Die freisinnige Fraktion lädt den Regierungsrat mit einer Motion ein, eine Forschungsoffensive zu lancieren, welche möglichst CO2-neutralen Technologien zur Verbesserung der Stromversorgungssicherheit Schub verleiht (Produktion und Speicherung).
Der Kanton Aargau – der Energiekanton
Der Kanton Aargau besitzt mit dem Paul Scherrer Institut PSI in Villigen wie auch mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Windisch zwei renommierte Forschungsinstitute. Gemeinsam mit diesen Instituten kann der Kanton Aargau die führende Rolle in der Energieforschung und -produktion in der Schweiz behalten.
Konkrete Forderung der freisinnigen Fraktion
Die Finanzierung einer Forschungsoffensive kann gesetzlich über Paragraph 32 des Wassernutzungsgesetzes (WnG) mit einem neuen Absatz 3 und einem zu definierenden, zweckgebundenem Prozentsatz der Wasserzinseinnahmen verankert werden. Das angedachte Finanzierungsmodell über den Wasserzins macht Sinn. Die Erhebung eines Wasserzinses macht die Stromproduktion durch Wasserkraft finanziell betrachtet weniger attraktiv. Deshalb soll ein Teil der Einnahmen des abgegoltenen Wasserzinses – neben der bestehenden Regelung zur Gewässerrevitalisierung – in die Forschung einer möglichst CO2-neutralen Stromproduktion und -speicherung fliessen, um eine mögliche Strommangellage abzuwenden.
Zusätzliche steuerliche Anreize für Investitionen schaffen
Investitionen in den Unterhalt von Liegenschaften werden steuerlich nicht immer gleich qualifiziert. Künftig sollen Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, auch dann steuerlich in Abzug gebracht werden können, wenn sie im Zusammenhang mit geringfügigen Um- und Ausbauten von bestehenden Gebäuden erfolgen. Damit werden weitere Anreize für energetische Sanierungen gesetzt.
Das Merkblatt zu Liegenschaftsunterhalt des kantonalen Steueramts gibt den Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern detailliert darüber Aufschluss, welche Unterhaltskosten steuerlich in Abzug gebracht werden dürfen. Investitionen in Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen sind grundsätzlich den Unterhaltskosten gleichgestellt, können heute aber nur dann geltend gemacht werden, wenn es sich um Installationen an bestehenden Gebäuden handelt. Werden sie an teilweise neu erstellten Gebäudeteilen angebracht, haben sie zwar unter Umständen den identischen energetischen Nutzen, können aber steuerlich nicht in Abzug gebracht werden.
Absurde Steuerabzugs-Praxis
Mit einem Postulat fordern wir den Regierungsrat nun auf, dies zu ändern. Die heutige Regelung ist nämlich völlig absurd wie nachfolgendes Beispiel zeigt: Im ersten Fall wird ein bestehendes Steildach saniert und zusätzlich isoliert. Alle Massnahmen sind vollumfänglich steuerlich abzugsberechtigt. Im zweiten Fall werden zusätzlich zur Dachsanierung und -isolierung noch der Estrichboden gedämmt und eine Täferung versehen. Nun darf keine einzige der – teils gleichen – Massnahmen steuerlich in Abzug gebracht werden, obwohl die Gesamtenergiebilanz sogar noch verbessert würde.
Wann ist ein Umbau ein Neubau?
Das ist kein 1. April-Scherz. Grund für diese absurde Praxis ist die Qualifizierung der Massnahmen im zweiten Fall als (Teil-) Neubau und damit als wertvermehrende Investitionen. Um weitere Anreize für Energiesparmassnahmen an den Liegenschaften zu setzen, sollte diese Praxis umgehend angepasst werden.
Was bedeutet eine Strommangellage
für Bevölkerung und Wirtschaft?
Stefan Huwyler, Grossrat, Geschäftsführer/Fraktionssekretär, Muri huwyler@fdp-ag.ch
Informationstagung der FDP Aargau mit spannenden Beiträgen
Unweigerlich stellt sich bei der Diskussion um die Stromversorgungssicherheit auch die Frage "Was wäre, wenn?" Was würde eine Strommangellage oder gar ein Blackout für die Schweiz bedeuten? Dieser Frage ging die FDP Aargau an der Informationstagung vom 19. März in Aarau nach. Mit Oberst im Generalstab Christoph Fehr vom Eidgenössischen Departement VBS und Christoph von Büren, Chef Regionales Führungsorgan Unteres Fricktal, präsentierten zwei Experten ihr Fachwissen zu diesem Szenario.
Christoph Fehr befasst sich als Unterstabschef Operationen im VBS direkt mit den Planungen und Vorbereitungen für Ernstfälle, zu denen auch Strommangel oder schlimmstenfalls ein Blackout gehören. Er zeigte anhand des Bereitschaftssystems auf, wie die Armee die reduzierte Stromversorgung in Notlagen regelt. Mit Strom als Ressource für die Bevölkerung aushelfen könne das Militär aber klar nicht, hielt Fehr fest, die Notfällpläne sind einzig für die kurzfristige Versorgung der Armee selbst ausgelegt.
Als Chef RFO unterstützt Christoph von Büren mit seinem Team die Fricktaler Gemeinden beim Planen und Organisieren verschiedener Notlagen. Die Schweiz ist als Stromproduzent und Konsument eingebunden in das europäische Stromnetz mit der Möglichkeit, sowohl Strom in Notlagen zu importieren als auch abzugeben. Ein Blackout in den nächsten fünf Jahren betrachtet Christoph von Büren als wahrscheinlich. Der Bevölkerung rät er, Notvorrat anzulegen und Vorsorgemassnahmen zu treffen. Die Unternehmen sollten Krisenmanagement und Sicherheitsmassnahmen konzipieren, Notversorgung vorsehen und die Massnahmen auch beüben.
An der von Parteipräsidentin Sabina Freiermuth modierierten Schlussdiskussion nahmen nebst den beiden Referenten auch Nationalrätin Maja Riniker, Präsidentin des Schweizerischen Zivilschutzverbandes, und Grossrat Bruno Tüscher teil. Alle Podiumsteilnehmer waren sich dahingehend einig, dass nicht nur angesichts des europäischen Krieges, sondern auch aufgrund verschiedener neuer Regulierungen, Abhängigkeiten und Komplexität der Infrastruktur mit Problemen zu rechnen ist. Diesen gilt es, proaktiv mit entsprechenden Massnahmen zu begegnen.
Die Tagung zeigte eindrücklich: Sichere Energiewirtschaft ist Voraussetzung für freie Wirtschaft und Gesellschaft. Die FDP stellt sich dieser Herausforderung, national und kantonal.