Mit Lust und Frust in den Jahresendspurt
An der ersten Sitzung nach den Herbstferien fand die vertagte Energiedebatte statt, über welche wir in einem Sonder-Inside informieren werden. Ich beschränke mich daher auf Frust und Lust aus dem Ratsbetrieb.
Zum Frust: Mit 69 Stimmen wählte der Grosse Rat Simon Burger wieder zum leitenden Staatsanwalt Zofingen-Kulm. Er hat das absolute Mehr hauchdünn mit fünf Stimmen übertroffen. Es ist kein Geheimnis, dass ich Simon Burger nicht gewählt habe. Ich akzeptiere aber das Verdikt und blicke nach vorne: Der Fall Simon Burger hat die Steuerzahlenden schon viel Geld gekostet, damit muss jetzt Schluss sein. Wichtig ist, dass nun endlich Ruhe einkehrt. Ich erwarte von Simon Burger, dass er auf seine Führungsarbeit fokussiert, einen offenen Dialog mit den Mitarbeitenden und Vorgesetzten pflegt und ganz wichtig – sich kritisch reflektiert. Dabei wünsche ich ihm viel Erfolg.
Zur Lust: Aufgrund eines Verwaltungsgerichtsurteils ist der Eigenmietwert aller Liegenschaften per 1. Januar 2024 zu erhöhen. Dies führt im Rahmen der Strategie Schätzungswesen zu zusätzlichen Steuereinnahmen von insgesamt 120 Millionen Franken. Zusammen mit der SVP forderten wir in einem Postulat, diese Mehreinnahmen an die betroffenen Personen zurückzugeben um eine Mehrbelastung zu verhindern. Der Regierungsrat lehnte unser Ansinnen ab. Die Zeit sei zu knapp, um eine neue Steuergesetzrevision per 1. Januar 2024 zu realisieren – die Mühlen der Politik mahlen bekanntlich langsam. Gegen den Willen der Regierung sowie Teilen der Mitte, Grüne, SP und EVP wurde unser Vorstoss dennoch überwiesen. Somit werden die Eigenmietwerte erst per 1. Januar 2025 erhöht. Zeitgleich sollen durch Steuersenkungen die Mehreinnahmen zurückgegeben werden. Hätte der Rat den Vorstoss nicht überwiesen, müssten die Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer per 2024 mehr Steuern zahlen. Nun haben wir genügend Zeit, diese Steuersenkung aufzugleisen.
In den kommenden Wochen werden wir Sie vermehrt über die Aargauer Politik informieren. Der Grosse Rat hat im November nämlich einige Sitzungen geplant und wir nähern uns in grossen Schritten dem Jahresende.
Klimakapitel im Richtplan festgesetzt
Adrian Meier, Grossrat, Vize-Parteipräsident, Ressortleiter Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung, Menziken adrian.meier@grossrat.ag.ch
FDP setzt sich für liberale Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ein
Der Regierungsrat hat klimapolitisch als erster Teil im Sommer 2021 den Klimakompass der kantonalen Klimastrategie verabschiedet. Gestützt darauf wurde vom Regierungsrat zuhanden des Grossen Rates beantragt, ein neues Richtplankapitel einzuführen. Dabei geht es um behördenverbindliche Anweisungen rund um das Thema Klima.
In der Ratsberatung wurde seitens der Grünen der Antrag gestellt, die Klimaneutralität bis ins Jahr 2040 festzuschreiben. Die vorberatende Kommission hat diesen Antrag bereits deutlich abgelehnt und auch im Rat war die beantragte Zielsetzung chancenlos: Mit 78:50 Stimmen lehnte eine klare Ratsmehrheit den Antrag ab.
Für die FDP-Fraktion ist klar, dass wir eine liberale Umsetzung erwarten. Das heisst neue Vorschriften, der Einsatz finanzieller Mittel und neue Vorgaben für die Gemeinden sollen möglichst zurückhaltend eingesetzt werden. In der Vernehmlassung haben wir bereits darauf hingewiesen, dass im Kapitel zum Gebäudepark die öffentliche Hand ebenfalls in Pflicht genommen werden muss. Wenn der Staat eine Verstärkung der Bemühungen bei der Energieeffizienz des Gebäudeparks, in der Industrie und des Dienstleistungssektors verlangt, muss zwingend die öffentliche Hand ebenfalls eine Vorreiterrolle einnehmen. Dieser wichtige Punkt wurde angepasst.
Die Einführung des Klimakapitels im Richtplan wurde in der Schlussabstimmung 89:39 gutgeheissen. Die FDP-Fraktion wird die konkrete Umsetzung genau verfolgen und wir erlauben uns, bei Bedarf korrigierend einzugreifen.
FDP-Petition zur Stärkung der Wasserkraft:
Jetzt unterschreiben!
Adrian Meier, Grossrat, Vize-Parteipräsident, Ressortleiter Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung, Menziken adrian.meier@grossrat.ag.ch
Schaffung von Feuchtgebieten auf 1000 Hektaren wird geprüft
Im Frühling hat die FDP-Fraktion eine Motion mit dem Ziel eingereicht, für den langfristigen Erhalt der reichhaltigen Biodiversität im Kanton Aargau erforderlichen Flächenbedarf für neue Feuchtgebiete von mindestens 1'000 Hektaren im kantonalen Richtplan zu sichern. Dies entspricht rund 1 Prozent der Kantonsfläche. Der Klimawandel und gerade auch dieser aussergewöhnlich trockene Sommer haben gezeigt, dass wir auf das Wasser achten müssen. Feuchtgebiete können hier Abhilfe schaffen. Der Regierungsrat war bereit, das Anliegen im Rahmen eines Postulates zu prüfen. Der Rat folgte unserer Argumentation in einer emotionalen Debatte.
Der Vorstoss war auf die Interpellation 19.280 unseres Fraktionskollegen Lukas Pfisterer zurückzuführen. Damals führte der Regierungsrat aus, dass die Auswahl der besten Flächen hinsichtlich des Regenerationspotenzials und der ökologischen Priorisierung gemäss Projekt Ökologische Infrastruktur Aargau (ÖIAG) ein Potenzial von rund 2'360 Hektaren ergibt. Diese Böden sind heute drainiert. Davon haben 1'330 ha eine grosse Bedeutung als mögliche Erweiterungsflächen bestehender Kerngebiete. Gemäss dem in der Modellierung für die ÖIAG ausgewiesenen Handlungsbedarf wären rund 1'000 ha an neuen Feuchtgebietsflächen notwendig, um die Biodiversität langfristig zu erhalten.
Keine Enteignung der Landwirte
In der Ratsdebatte wurde der FDP-Fraktion von Vertretern aus dem Bauernstand vorgeworfen, wir wollten die Landwirte enteignen und "wir wüssten nicht, was wir tun". Die Emotionalität gipfelte in einer Aussage, die Umsetzung des Vorstosses sei mit harter Knochenarbeit verbunden, was wir nicht kennen würden. Wohltuend war hingegen die sachliche Debatte, wie konkret die Forderung umgesetzt werden könnte. Selbstverständlich will die FDP niemanden enteignen und wir haben Pragmatismus an den Tag gelegt: Wie bereits vom Regierungsrat skizziert, soll die Schaffung zusätzlicher Feuchtbiotope nicht in jedem Fall zu einem Verlust von Fruchtfolgeflächen führen. Wir denken auch beispielsweise an den Wald. Da ein regelmässiger Austausch zwischen der Landwirtschaft und dem Kanton nun sehr wichtig ist, kann die Umsetzung im Rahmen von Labiola angegangen werden.
Die Ratsmehrheit folgte unserer Argumentation und überwies die eingereichte Motion als Postulat deutlich mit 78 Ja- zu 47 Nein-Stimmen.
Stellenmeldepflicht im Kanton Aargau – Hält sich Aufwand und Ertrag die Waage?
Seit 2018 ist die Stellenmeldepflicht für Berufsarten mit hoher Arbeitslosigkeit in Kraft. Bevor der Arbeitgeber eine Stelle ausschreibt, muss er überprüfen, ob eine Meldepflicht für die Berufsart besteht. Damit verbunden ist seitens Arbeitgeber aber auch Verwaltung (RAV) ein administrativer Aufwand. In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat gefragt, ob die Stellenmeldepflicht ihr Ziel überhaupt erreicht und Schweizer Arbeitslose schneller wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren können.
Weniger Bürokratie für Unternehmen mittels Regulierungsfolgeabschätzung
Jede neue Regulierung bedeutet für die Unternehmen und besonders für KMU Mehraufwand. Deshalb fordern wir den Regierungsrat auf, eine Regulierungsfolgeabschätzung einzuführen. Demzufolge sollen neue Gesetzesvorlagen, Verordnungen und Änderungen bestehender Gesetze, von einer unabhängigen Prüfung z.B. von Externen, auf deren administrative und kostenmässige Auswirkung auf die Unternehmen erprobt werden. Diese Investition sollte in Zukunft zu weniger Bürokratie führen.
Ratsgeflüster
Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Frühmorgens ab 7 Uhr tagt an den Grossratssitzungstagen jeweils der Geschäftsleitungsausschuss der FDP Aargau, das operative Führungsgremium der Kantonalpartei. Morgenstund hat dabei nicht nur Gold im Mund, sondern auch (grossen) Koffeinbedarf. Geradezu an olympischen Wettkämpfen wähnt man sich bisweilen, wenn Mitglieder des Fraktionspräsidiums (Namen intern bekannt) in der kurzen Pause bis zur nachfolgenden Sitzung des Fraktionsvorstands die Kaffeemaschine im Fraktionszimmer stürmen, um sich für den nächsten Teil des Sitzungsmarathons die notwendige Portion des dunklen Heissgetränks zu sichern.
Ebenfalls begehrt sind vor dem Beginn der Plenumssitzung im Grossen Rat die Toiletteneinrichtungen (ein Zusammenhang mit dem Kaffeekonsum der Ratsmitglieder ist nicht ausgeschlossen). Auch auf dem Herren-WC bzw. den drei Pissoirs kommt es dabei regelmässig zu einer Warteschlange. SVP-Grossrat und Finanzpolitiker Pascal Furer bemerkte hierzu am vergangenen Dienstag trocken, die Toilette sei der einzige Ort, an dem im Kanton Aargau jemals etwas eingespart worden sei, vor dem Umbau hätte das Grossratsgebäude nämlich noch über vier Pissoirs verfügt.
Die Grossratsmitglieder leisten ihren Beitrag zur demographischen Entwicklung im Kanton Aargau. Grossratspräsidentin Elisabeth Burgener (SP)konnte verkünden, dass es in den Familien von Tonja Burri (SVP) und Bruno Tüscher (FDP) jeweils ein freudiges Ereignis gegeben hatte. Die beiden Ratsmitglieder nahmen die Gratulationen aus der Ferne entgegen: Tonja Burri befindet sich im Mutterschaftsurlaub und Bruno Tüscher entschuldigte sich aus verständlichen Gründen, war doch sein Sohn Nelio erst am Vorabend der Grossratssitzung zur Welt gekommen.
Einen eigentlichen politischen Marathon hatte Grossrat Adrian Meier zu bewältigen. Als Sprecher verschiedener Energie- und Umweltvorstösse der FDP-Fraktion war er am Dienstag Dauergast am Mikrofon im Ratssaal. Er tat dies wie gewohnt ruhig und sachlich. Dies zog er auch in der Debatte der FDP-Motion um die Förderung von Biodiversität mittels Schaffung neuer Feuchtgebiete durch, in der die Landwirtschaftsvertreter im Rat nach Kräften votierten und die Diskussion mehrmals knapp am Rand der Gehässigkeit geführt wurde. Selbst einen Anwurf von SVP-Grossrat und Landwirt Andy Steinacher, dass die Motionäre wohl noch nie harte Knochenarbeit geleistet hätten, konterte Adrian Meier souverän.
"Frieren mit Doris" ist der Slogan auf Wolldecken, die die SVP-Fraktion am Dienstag im Ratssaal verteilte, in Anspielung auf das mittlerweile legändere "Duschen mit Doris" und natürlich mit Bezug auf die Energiestrategie 2050 der ehemaligen Bundesrätin Doris Leuthard bzw. die drohende Energielücke. Ob die Aktion eine gelungener Gag oder gesuchter Sauglattismus war, darob scheiden sich die Geister. Die Medien stürzten sich jedenfalls dankbar auf die "Story" und priorisierten sie zum Teil gar gegenüber den eigentlichen Sachgeschäften. Und der Run auf die Wolldecken war gemäss verlässlichen Quellen so gross, dass Grossrat Mario Gratwohl, der die Aktion organisierte, bereits eine Nachproduktion in Auftrag geben musste.
Ratsflüsterer
Sorgenkind Strompreis
Anna Staub, Mitarbeiterin Geschäftsstelle FDP Aargau, Vizepräsidentin Jungfreisinnige Aargau, Lenzburg staub@fdp-ag.ch
FDP widmet sich an der Rheinfelder Tagung der hochaktuellen Thematik
Zum zweiten Mal in Folge befasste sich die FDP Aargau an ihrer Rheinfelder Tagung mit der Stromversorgung. Am letzten Samstag ging es um den Strompreis. Zur gut besuchten Tagung waren drei Referenten aus der Strombranche geladen: Renato Tami, ehemaliger Geschäftsführer der ElCom, Marc Ritter, CEO der AEW Energie AG und Eugen Pfiffner, CEO der IBB Energie AG aus Brugg. Sie gingen auf die Entwicklung des Strompreises ein.
Tami zeigte unter anderem auf, wie sich der Strompreis durch geopolitische Geschehnisse veränderte und erklärte, wie Sicherheitsleitungen beim Stromhandel aktuell zu Liquiditätsproblemen der Händler führen können. Marc Ritter zeigte die geopolitischen Einflüsse auf den Strompreis auf und erklärte, dass im Kanton Aargau der Strompreis zwar gestiegen sei, aber dass dieser Anstieg im Schnitt unter dem Anstieg in der gesamten Schweiz liege. Eugen Pfiffner ging auf Herausforderungen für lokale und regionale Anbieter ein. Er betonte, dass es für Unternehmen wichtig sei, mit ihren Lieferanten in Kontakt zu stehen, um in schwierigen Situationen Lösungen zu finden und Verträge auszuhandeln. Auch Pfiffner zeigte jedoch auf, dass die Strompreise, wenn auch auf einem hohen Niveau, abflachen und weniger stark schwanken würden.
In der folgenden Podiumsdiskussion unter der Leitung von Grossrat Adrian Meier und mit den zusätzlichen Teilnehmern, Grossrätin Jeanine Glarner und Grossrat Bernhard Scholl, wurde die Winterlücke in der Stromversorgung als zentrale Herausforderung identifiziert und behandelt.
Die Strommangellage ist schon länger ein wichtiges Thema für die FDP Aargau. So hat sie in den vergangenen 12 Monaten einen Standpunkt zur Stromversorgungssicherheit verabschiedet und im Grossen Rat ein Vorstosspaket eingereicht.