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STARTKLAR!
Rückblick auf die Jubiläumsfeier 125 + 1 Jahre FDP Aargau
27. August 2022, Flugplatz Birrfeld
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Ansprache der Parteipräsidentin

Jubiläumsfeier 125 + 1 Jahre FDP Aargau
vom 27. August 2022


(Es gilt das gesprochene Wort)

Sabina Freiermuth, Grossrätin, Parteipräsidentin, Zofingen
freiermuth@fdp-ag.ch



Die liberale Idee hat Zukunft!

Sehr geehrte Damen und Herren, 
liebe freisinnige Familie,
liebe Besucherinnen und Besucher,

Ich freue mich ungemein, dass wir uns hier zusammenfinden und den 125-plus-ersten Geburtstag der FDP Aargau feiern dürfen. Es ist richtig, wir feiern einen hohen Geburtstag – aber wir sind alles andere als gebrechlich.

In den letzten Stunden haben wir hier auf dem Birrfeld viele Aargauerinnen und Aargauer empfangen. Alle waren STARTKLAR - sei es beim Flugplatz-Rundgang, beim Rettungshelikopter, beim Oldtimer-Flugzeug, beim Segelflug, bei den Drohnen oder bei den Jungfreisinnigen an ihrem Verpflegungsstand. Besonders hat mir gefallen, dass wir vielen Kindern eine Freude bereiten konnten. Wir dürfen unser Fest so feiern, wie wir uns das im OK von Anfang an wünschten: Es soll ein unkompliziertes Volksfest für Kind und Kegel sein, kein abgehobener Schickimicki-Anlass. Ich meine, das ist uns gelungen. Ein besonderer Moment war der Besuch unseres Bundespräsidenten Ignazio Cassis. Ich habe mich enorm gefreut und bin ihm dankbar, dass er uns mit seinem Besuch seine Zeit schenkte. Das ist alles andere als selbstverständlich. Seine Worte waren feinsinnig und humorvoll, aber durchaus auch mit Ernst und Klarheit. Und sie zeigten einmal mehr, was unser Ignazio Cassis ist: ein Mensch-gebliebener Bundesrat.

Vor fünf Jahren hat Grossrätin Jeanine Glarner, Historikerin, die Geschichte der FDP Aargau historisch aufbereitet. Sie hat mir die Unterlagen freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Unsere Gründungsgeschichte mutet schon fast anekdotisch an:

Seit Ende des 19. Jahrhunderts prägen Aargauer Staatsmänner – noch nicht so lange auch Staatsfrauen – mit ihren liberalen Ideen und Werten unser Staatswesen, unsere Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Am Anfang war es eine Bewegung. Diese Bewegung wurde zur Partei, welche die Idee der Freiheit und Verantwortung vorwärtstrieb und noch immer vorwärtstreibt.

Im 19. Jahrhundert gab es bei den Aargauer Freisinnigen zwei Strömungen: Die Radikal-Demokraten und die Liberalen. Im Jahr 1881 stritten sich diese um eine Revision der Kantonsverfassung. Die Radikal-Demokraten wollten die Volkswahl von Regierungs- und Ständerat, die Liberalen waren dagegen. In einer Versammlung wurde beschlossen, im Grossen Rat per Vorstoss eine Totalrevision der Verfassung zu erreichen und dabei diese Frage zu klären. Dieser Vorstoss wurde versenkt, weil sich Liberale mit den erzkonservativen Ultramontanen zusammentaten. Das war zu viel für die Liberal-Demokraten. Über 10 Jahre lang wollten sie nichts mehr wissen von einer gemeinsamen Sache. Im Jahr 1894 erfolgte die Gründung der FDP auf schweizerischer Ebene. Langsam befasste man sich auch im Aargau wieder mit den Gedanken des Zusammenschlusses. Die in der ganzen Schweiz hart umkämpfte Zollinitiative führte den Aargauer Streithähnen vor Augen, dass ihr Gegner nicht innerhalb der Freisinnigen zu finden ist. Nein, es waren die Konservativen und Sozialdemokraten. Und die Erkenntnis kam, dass diese Kräfte nur vereint in Schach gehalten werden konnten.

So kam es am 8. März 1895 im Wilden Mann zu Aarau zur Gründung der FDP Aargau. Die schnellen Rechner unter Ihnen merken es: da stimmt etwas nicht. Unsere Partei feiert eigentlich bereits den 127. Geburtstag! Nach der Gründung entbrannte nämlich erneut ein Streit über die Volkswahl von Regierungsrat und Ständerat, ein Streit, der nochmals fast zur Spaltung führte. Erst die zentrale Diskussion zur Verstaatlichung der Eisenbahn und die Nationalratswahlen im Oktober 1896 liessen die Liberalen ab Herbst 1896 endlich geeint auftreten.

Mir kommt da etwas bekannt vor: Dieses Ringen um Positionen; die hitzigen Diskussionen darum, wie es denn jetzt genau ist; der Wettstreit um die beste Idee, das ist uns Freisinnigen bis heute geblieben. Wir bringen einen wichtigen Teil der vorausschauenden, funktionierenden und vernünftigen Lösungen ein. Aber zuerst ringen wir in unserem Kreis um die beste Lösung. Diese Denkarbeit, das kritische Abwägen, Untersuchen, Austarieren und Studieren: es bringt schliesslich wohlüberlegte Lösungen hervor. Nicht zuletzt deshalb bilden unsere Anträge oft die Grundlage für Mehrheitslösungen. Aber niemand bestreitet, dass dies oft anstrengende Kleinstarbeit ist!

Dieser Wettstreit, das Suchen und Diskutieren der Wahrheit, das steht für mich im Zentrum des liberalen Denkens. Jede und jeder soll sich nach seiner Vorstellung entfalten können. Auch heute noch sind es bei uns in der Schweiz die liberalen Werte, welche die Mehrheit der Bevölkerung und die meisten politischen Entscheidungen prägen. Der Gedanke und das Streben, die persönliche Freiheit zu verteidigen und gleichzeitig Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen, ist in unserem Land glücklicherweise noch fest verankert.

In der heutigen, von den Medien geprägten Welt, müssen wir aber den Wettstreit mit andersdenkenden Kräften viel intensiver austragen. Positionen müssen manchmal innert Stunden festgelegt sein, die Themen sind technisch, anspruchsvoll, konsequenzenreich. Und da tappen wir hin und wieder in die Falle, die heisst: «Das Perfekte ist der Feind des Guten». Gleich wie die Staatsmänner von Ende des 19. Jahrhunderts streiten wir uns um Nuancen und vergessen für einen Moment, woher die Gegner kommen – nämlich von aussen, nicht von innen. Aber heute wie früher finden wir uns in aller Regel und nach langem Diskurs wieder.

Meine Damen und Herren, viele unter Ihnen wissen sehr genau, wovon ich spreche: Wir finden die liberale Politik die allerbeste. Aber wir hören nie auf, darüber zu debattieren.

Wird das auch in Zukunft so sein, oder lernen wir aus dem Erlebtem? Ja, wir lernen, dass wir den Wettstreit um die beste Idee immer weiterführen müssen. Das Schild «liberal» war nicht immer die Patentlösung, um Wahlen zu gewinnen (im nächsten Jahr wird das natürlich anders sein!). Aber, das ist meine tiefe Überzeugung und deshalb geben jeden Tag Heerscharen von Freisinnigen auf allen Staatsebenen ihr Bestes: Die liberale Politik hat die Schweiz auf den Erfolgsweg geführt. Und sie wird den Menschen in diesem Land auch in der Zukunft ein gutes Leben in Sicherheit und Freiheit schenken.

Grusswort des Bundespräsidenten

Jubiläumsfeier 125 + 1 Jahre FDP Aargau
vom 27. August 2022


(Es gilt das gesprochene Wort)

Ignazio Cassis, Bundespräsident, Vorsteher des Eidgenössischen Departementes für Auswärtige Angelegenheiten EDA


Sehr geehrter Frau Parteipräsidentin, liebe Sabina
Sehr geehrter Herr Ständerat, lieber Thierry
Sehr geehrter Frau Nationalrätin und Herr Nationalrat, liebe Maja und lieber Matthias
Sehr geehrter Herr Regierungsrat, lieber Stephan
Liebe Freisinnige, liebe Aargauer, liebe Gäste,
 
«Vielfalt» ist zusammen mit Innovation das Motto meines Präsidialjahres. Ich möchte der Schweiz zeigen, wie stolz wir sein können auf unsere Kulturen, Sprachen und Meinungen. Und wie wir alle davon profitieren.
Wenn man in der Schweiz eine Umfrage macht und fragt, welcher Kanton denn am vielfältigsten sei, würde der Kanton Aargau wohl kaum an der Spitze der Rangliste erscheinen. Zu Unrecht, wie ein etwas genauerer Blick offenbart:
 
Es gibt Regionen im Aargau, die zählen sich eher zu den Innerschweizern – haben wir Leute aus dem Bezirk Muri hier?
 
Auf der anderen Seite des Kantons orientieren sich die Menschen hingegen Richtung Basel – wo sind die Menschen aus dem Bezirk Rheinfelden?
 
Und im Osten geht der Blick trotz katholischer Konfession in Richtung zwinglianisches Zürich. Wo sind die Menschen aus den Bezirken Baden und Bremgarten?
 
Der südwestliche Teil des Kantons hingegen ist selbst protestantisch, weil sich die Berner da früher einmal breit gemacht haben – Wo sind die Zofinger? Kulm? Aarau? Und Lenzburg?
 
Dann gibt’s im Norden Bezirke, die geprägt sind durch das Leben an der Grenze. Dort ist die Realität, dass die Schweiz und Deutschland zum gemeinsamen Lebensraum werden. Wo sind Laufenburg und Zurzach? Und sind die Rheinfelder noch da?
 
Und schliesslich gibt’s im Aargau Menschen, die im Rest der Welt als Österreicher bekannt wären. Wo sind die Menschen aus dem Bezirk Brugg, wo die Habsburg steht?
 
Und trotzdem leben im Kanton Aargau nicht Zürcher, Luzerner, Basler und Berner, Österreicher oder gar Deutsche – nein - die Identität ist aargauisch – Wir testen das gleich: Wo sind die stolzen Aargauer?
 
Sie sehen der Kanton Aargau wird unterschätzt: Er ist eine Schweiz im Kleinen. Er atmet die liberalen Werte – und deshalb bin ich heute nicht nur hier, um der FDP Aargau zum 125. +1 Jubiläum zu gratulieren, nein, ich bin auch hier um den Menschen der FDP Aargau dafür zu danken, dass Sie die liberalen Werte jeden Tag verteidigen! Nicht nur «Herzliche Gratulation!», sondern vor allem «Herzlichen Dank!».
 
Nur etwas, meine Damen und Herren, fehlt in diesem wunderschönen Kanton: Es fehlt etwas Italianità! Umso mehr seid Ihr immer herzlich Willkommen in meinem Heimatkanton!
 
Geschätzte Aargauerinnen und Aargauer, Sie können sich vorstellen, mich beschäftigt derzeit der Zustand der Welt intensiv. Wir leben ohne zu übertreiben in einer Zeitenwende. Zwar spüren wir es schon länger, aber mit dem brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, ein souveränes Land in Europa, ist eine Epoche der vermeintlichen Stabilität zu Ende gegangen. Wir leben heute in einer neuen Welt.
 
Was heisst das für unsere liberalen Werte wie Freiheit und Demokratie?
 
Machtpolitik, Nukleardrohungen, die wachsende Rivalität der Grossmächte – all das rückt in den Vordergrund, weltweit. Das Völkerrecht wird nicht respektiert oder teilweise gar mit Füssen getreten.
 
Aufstrebende Mächte grenzen sich vom Westen ab. Stattdessen propagieren sie alternative Gesellschafts- und Entwicklungsmodelle. Ich denke dabei natürlich vor allem an China: Das Land zeigt eine beispiellose wirtschaftliche Entwicklung, die aber weder auf Demokratie noch einer liberalen Marktwirtschaft beruht.
 
Aber auch die Demokratie steht weltweit unter Druck. Während rund 200 Jahren gab es einen klaren Trend in Richtung mehr Demokratie. Aber in jüngster Zeit gerät sie in die Defensive. Eine Mehrheit der Menschen lebt nicht mehr in demokratischen Ländern - Tendenz steigend.
Autokratisches Denken ist wieder «in» und verbreitet sich. Gemäss der Menschenrechtsorganisation Freedom House blicken wir jetzt auf eine Periode von 16 Jahren zurück, in denen es mehr Staaten mit Rückschritten in den politischen Freiheiten gab als Staaten mit Fortschritten. Im Jahr 2022 standen 60 Staaten mit Rückschritten nur 25 Staaten mit Fortschritten gegenüber. Und der Trend hat sich dieses Jahr beschleunigt.
 
Ein Alarmzeichen ist auch, dass Militärputsche wieder stark zugenommen haben.
Demokratien sind heute von aussen und von innen bedroht. Illiberale Kräfte zeigen sich teilweise bereit, die demokratischen Institutionen, denen sie ihr Mandat verdanken, auszuhöhlen und wenn nötig zu Fall zu bringen.
 
Der 6. Januar 2021 - jener Tag, an dem ein wütender Mob das Capitol stürmte - dürfte in Washington noch lange Nachwirkungen haben.
Auch bei uns in Europa sehen sich liberale Demokratien mit Vertrauenskrisen konfrontiert.
 
Die Demokratie und der liberale Fortschritt sind also alles andere als gesichert.
Durch diese Trends dürfen gerade wir Liberale nicht in Schockstarre verfallen. Nein, es ist unsere Mission für unsere Werte einzustehen. Auch wenn wir uns hierzu in rauen Gegenwind stellen müssen. Wenn wir den Negativtrend längerfristig ins Positive wenden wollen, braucht es Menschen, die für diese Werte kämpfen.
 
Das ist, was unsere Partei hier im Aargau seit über 125 Jahren tut. Und Sie sehen, dieses Engagement ist nötiger denn je. Nichts von dem was wir für sicher erachten, ist auch wirklich sicher. Nichts ist gegeben!
 
Dieser Einsatz braucht es gerade jetzt. Denn auch die Schweiz spürt die Folgen des Krieges in der Ukraine. Und diese sind nicht angenehm: Bereits jetzt steigen die Energiepreise und die Inflation. Im Winter droht eine Energiekrise. Wir müssen die Produktionskapazitäten maximal ausnutzen und uns überlegen, wie und wo wir auch selbst Strom einsparen können. Meine Damen und Herren, das ist im Minimum unangenehm und kann im schlimmsten Fall schmerzhaft werden.
 
Es ist jedoch alternativlos. Oder was wäre denn die Alternative? Uns dem Willen des Aggressors beugen und damit den Kampf für unsere Werte aufgeben? Nein, liebe Freunde, unsere Werte haben einen höheren Preis als ein paar Grad weniger zu heizen!
 
John F. Kennedy hat es in seiner Antrittsrede 1961 auf den Punkt gebracht “Ask not what your country can do for you – ask what you can do for your country!”
 
Er hat sich damals an das amerikanische Volk gerichtet, abgeschrieben hat er das aber sicher von uns Schweizern. Denn es ist genau wie unser Land funktioniert: Bottom-Up – von unten nach oben. Zivilgesellschaftliches Engagement statt staatliches Diktat.
 
Der Bundesrat wird alles dafür tun, dass die Horrorszenarien nicht eintreten. Das hat unser Land verdient! Wenn wir dem Angriff Putins auf unsere Werte standhalten wollen, dann braucht es bei diesen Bemühungen die Unterstützung der ganzen Gesellschaft. Diese Werte zu verteidigen ist nichts anderes als ein Akt des Patriotismus. Ich zähle hierzu auch ganz speziell auf die FDP Aargau.
 
Nun, geschätzte Damen und Herren, genug der Sorgen, wir dürfen uns schliesslich auch die Lebensfreude nicht nehmen lassen. Ich nutze meine Schlussworte, um Ihnen noch eine kleine persönliche Verbindung von mir zum Aargau zu verraten: Die Aargauer Rüeblitorte ist nämlich meine Lieblingstorte.
 
Das ging so weit, dass bei einem Besuch unserer Mission in New York extra für mich in einer Nacht- und Nebelaktion eine Rüeblitorte gebacken wurde. Ich würde deshalb vorschlagen, wir gehen nun zur Torte über!
 
Liebe FDP Aargau: Ich danke für die Einladung und wünsche nur das Beste für die nächsten 125 Jahren. Danke für die Einladung!

Bildimpressionen von "STARTKLAR"

>>> weitere Fotos auf www.fdp-ag.ch/startklar/galerie


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Redaktion: Stefan Huwyler, Grossrat, Geschäftsführer/Fraktionssekretär FDP.Die Liberalen Aargau

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