Menschen mögen keine Veränderungen. Wir sind Gewohnheitstiere und fühlen uns wohl, wenn alles so bleibt wie es ist. Grossrätinnen und Grossräte sind auch nur Menschen, darum haben es Veränderungen auch bei uns nicht leicht.
Am letzten Dienstag staunten wir daher nicht schlecht, als die Abstimmungsanlage unsere Sitzplätze auf dem Bildschirm spiegelverkehrt anzeigte! Dies irritierte alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier von links bis rechts. Denn bei Abstimmungen wird oft geschaut, was der oder diejenige stimmt, die das Geschäft in der Fraktion vertritt. Nun waren alle ziemlich orientierungslos, da diese Ansicht ungewohnt war und wir zuerst unseren Sitzplatz finden mussten. Die Verwirrung gipfelte darin, dass die Ratslinke eine Abstimmung wiederholen wollte, da offenbar falsch abgestimmt wurde! Spannend, denn eigentlich waren unsere Ja-, Nein-, Präsenz- und Enthaltungs-Tasten unverändert am gleichen Ort. Die Abstimmungsanlage wurde über Mittag neu gestartet und es zeigte sich wieder das gewohnte Bild.
Dies war aber nicht die einzige Veränderung, der wir uns stellen mussten. So diskutierten wir – einmal mehr – über den Sitzungsrhythmus des Parlaments. Die Diskussion wurde darum nötig, weil aufgrund der tiefen Geschäftslast in den letzten Jahren weniger Sitzungstage stattfanden. Neue Ratsmitglieder konnten sich darum weniger gut einleben und wenn wir uns dann mal trafen, wurde so viel im Ratssaal untereinander debattiert, dass der Lärm kaum auszuhalten war. So diskutierten wir in den letzten Monaten verschiedene Varianten wie Sessionsmodelle – also zum Beispiel drei Sitzungstagetage hintereinander ohne Unterbruch – oder Halbtagessitzungen.
Den Sessionsmodellen konnte ich wenig abgewinnen, weil es schwierig ist, am Arbeitsplatz gleich drei Tage hintereinander zu fehlen. Auch Halbtagessitzungen waren nicht der Weisheit letzter Schluss, weil es wenig effizient ist, nur für einen halben Tag nach Aarau zu kommen. Der Rat war sich aber einig, dass per 1. Januar 2024 ein neues Modell eingeführt werden sollte. Schliesslich fanden wir – wie so oft in der Schweiz – eine pragmatische Kompromisslösung.
Auch künftig finden an Dienstagen unsere Sitzungen statt, aber wir treffen uns alternierend im Plenum oder zu Kommissionssitzungen. Dieses Modell hat den Vorteil, dass die parlamentarische Arbeit mehrheitlich immer am gleichen Tag stattfindet. Wir werden nun sehen, ob diese Variante den gewünschten Effekt hat.
So oder so, Veränderungen wird es auch in Zukunft geben. Und – wie immer – werden wir uns auch bei der nächsten Veränderung zuerst ein wenig schwertun, weil wir ja nie wissen, wie gut das Neue wird.
Sinnvolles Projekt zur Sanierung des Polizeikommandos
Die FDP-Fraktion im Grossen Rat hat einstimmig Ja gesagt zum Verpflichtungskredit für die Erneuerung des Polizeikommandos in Aarau in der Höhe von 44,07 Mio. Franken. Der Sanierungsbedarf ist unbestritten, das Projekt nachhaltig und die variable Arbeitsplatzgestaltung vorbildlich.
Nach 37 Jahren muss der Trakt A des Polizeikommandos der Kantonspolizei in der Aarauer Telli umfassend saniert werden. Das Projekt ergänzt den Neubau, der seit 2022 in umittelbarer Nähe erstellt wird. Das Gebäude enthält auch Zellenplätze und muss deshalb gewisse Sicherheitsstandards erfüllen. Neu wird das sogenannte 3-Zonen-Sicherheitskonzept umgesetzt, eine Zutrittssteuerung in öffentliche, gemischte und Sicherheitszonen. Dieses fehlte bisher und ist absolut nötig, denn der Fokus der Sanierung soll auf dem Schutz der Gesellschaft liegen und nicht auf einem möglichst hohen Ausbaustandard.
Unverhältnismässige Erweiterung der PV-Anlage abgelehnt
Genauso wie die geplanten Räume dem schweizerischen Standard entsprechen, erfüllt die angedachte Photovoltaikanlage auf dem Dach die Nachhaltigkeitsziele des Kantons Aargau vollumfänglich. Eine Minderheit der vorberatenden Kommission AVW beantragte die Erweiterung der PV-Anlage auf die Fassade. Dieser Zusatzaufwand von 300'000 Franken hätte in keinem Verhältnis zum erhofften Nutzen gestanden, weshalb unsere Fraktion den Antrag geschlossen ablehnte. Wir sanieren schliesslich ein Polizeigebäude und bauen kein neues Kraftwerk.
Desk-Sharing: Vorbildliches und flexibles System
Geradezu vorbildlich ist die Raumnutzung. Zwar soll Platz für Reservearbeitsplätze geschaffen werden, es gibt aber auch ein Verdichtungspotenzial. Sprich: Eine gewisse Anzahl Arbeitsplätze kann von mehreren Mitarbeitenden genutzt werden. Der Regierungsrat beziffert diese Desk-Sharing-Quote mit 0.6 bis 0.8. Der Mittelwert entspricht der Forderung in der im März eingereichten Motion der FDP-Fraktion betreffend flexiblem Arbeiten in der Kantonsverwaltung. Das ist umso mehr erfreulich, als im Trakt A des Polizeikommandos mit vielen Führungs- und anderen Spezialfunktionen, die individuelle Arbeitsplätze erfordern, die Verdichtungsmöglichkeiten beschränkt sind.
Anpassung der Kantonsverfassung
Adrian Meier, Grossrat, Vize-Parteipräsident, Ressortleiter Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung, Menziken adrian.meier@grossrat.ag.ch
Neuer Verfassungsartikel "Klima" angenommen
Grossräte aus dem links-grünen Spektrum mit Unterstützung von EVP und Mitte forderten mittels einer parlamentarischen Initiative im Jahr 2021 einen neuen Verfassungsartikel für das Klima. Der damalige Vorstoss wollte Massnahmen für den Kanton und Gemeinden vorschreiben und rief nach weiteren (finanziellen) Fördermassnahmen. An vier Kommissionssitzungen konnte ein passender Verfassungsartikel formuliert werden.
Unbestritten: Die Klimaveränderung findet statt und ist eine der grössten Herausforderungen der heutigen und kommenden Generationen. Das ist uns allen bewusst und deshalb unterstützt die FDP das Pariser Klimaabkommen mit den vereinbarten Zielen des Bundes, wie beispielsweise das Netto-Null-Ziel bis 2050. Jedoch erachtet es die freisinnige Fraktion als nicht zielführend, wenn in einer Verfassung konkrete Massnahmen oder weitere Fördertatbestände festgeschrieben werden. Hierfür ist die Gesetzgebung der richtige Ort.
Vier intensive Kommissionssitzungen
Während vier Kommissionssitzungen wurde über den damaligen Textvorschlag der parlamentarischen Initiative gebrütet. Dabei konnte die Kommission einen für den Kanton Aargau passenden Verfassungsartikel ohne Fördertatbeständen oder Massnahmen formuliert werden. Konkret lautet der neue Verfassungsartikel: "Kanton und Gemeinden setzen sich für die Begrenzung des Klimawandels ein und stärken ihre Fähigkeit zur Anpassung an dessen nachteiligen Auswirkungen. Sie berücksichtigen dabei die Ziele des Bundes und der für die Schweiz verbindlichen internationalen Abkommen."
Links-grüne Minderheitsanträge abgelehnt
Die links-grüne Ratsseite versuchte mittels zwei Minderheitsanträgen den Artikel auszubauen und die Möglichkeit für Massnahmen zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2040 festzuschreiben. Die Ratsmehrheit lehnte die Anträge mit 85 zu 48 bzw. 84 zu 48 Stimmen deutlich ab. Den Klima-Verfassungsartikel hiess die FDP-Fraktion grossmehrheitlich und der Grosse Rat in 1. Beratung mit 80 zu 53 Stimmen gut.
Grüne lehnen Wärmeprojekt aus erneuerbaren Energien ab
In den nächsten Jahren wird das Kernkraftwerk Beznau seinen Betrieb einstellen. Um dann die Wärmeversorgung für 2700 bestehende Fernwärmekunden im Wärmeverbund Refuna sicherzustellen, soll in Döttingen ein Holzheizwerk erstellt werden. Der Grosse Rat hat den Standort nun im kantonalen Richtplan festgesetzt – entgegen dem Willen der Grünen und Teilen der SP.
Seit 37 Jahren betreibt die Refuna AG ein Fernwärmenetz mit der Abwärme des Kernkraftwerks Beznau. Mit dem vom Volk beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie muss für die rund 2700 Fernwärmekunden in elf Gemeinden eine Ersatzlösung gesucht werden. Die Refuna AG hat diese in einem Holzheizwerk gefunden. Jährlich sollen 72'000 Tonnen Holz verbrannt werden, um den Betrieb des Fernwärmenetzes aufrechtzuerhalten. Dies hat im Grossen Rat zu grossen Diskussionen geführt. Ausgerechnet die Grünen und Teile der SP haben die Standortfestsetzung im Richtplan und damit ein Wärmeprojekt aus erneuerbaren Energien abgelehnt.
Widerstand ausgerechnet von Links-Grün
Links-Grün hat n den Kernenergieausstieg gewollt, nun sollten sie auch die Konsequenzen dieses übereilten Entscheides mittragen. Wir erinnern uns: Das Rahmenbewilligungsgesuch für Beznau III schlummert in der Schublade. Ohne diesen folgenschweren Entscheid von Bundesrat und Parlament 2011 müssten wir heute nicht über ein Holzheizwerk Döttingen oder eine Strommangellage debattieren.
Verbot von Kernenergie verhindert nachhaltige Energiepolitik
Die Grünen in Finnland, der Weltklimarat oder sogar Greta Thunberg sind sich einig: Wer das Ziel Netto Null bis 2050 erreichen will, muss auf Kernenergie setzen. Die Grünen und Teile der SP merken nun langsam, dass ihre Energiepolitik gescheitert ist – nur können sie es nicht zugeben und sie ziehen immer noch nicht die richtigen Schlüsse daraus. Das Verbot von Kernenergie verhindert eine sichere, bezahlbare und umweltschonende Energiepolitik. Deshalb gehört es in der Schweiz endlich aufgehoben!
Ein kleiner Erfolg für den Liberalismus
Adrian Meier, Grossrat, Vize-Parteipräsident, Ressortleiter Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung, Menziken adrian.meier@grossrat.ag.ch
Grosser Rat lehnt GLP-Vorstoss für Verbot von fossilen Heizungen ab
Die GLP-Fraktion forderte in einer Motion, dass das Energiegesetz so angepasst wird, dass beim Heizungsersatz keine fossil betriebenen Heizungen mehr eingebaut werden dürfen. Neben inhaltlichen Bedenken ist das Timing der Motion äusserst schlecht: Erst Ende September 2022 lief das Vernehmlassungverfahren für die Revision des Energiegesetzes ab und nicht einmal drei Monate später wurde die Motion eingereicht.
In wenigen Wochen erhalten die Grossratsmitglieder in ihrer wöchentlichen Post eine Botschaft des Regierungsrates. Inhalt: Anpassung des kantonalen Energiegesetzes. Der Grosse Rat kann also sowieso bald über die GLP-Forderung nach einem Verbot der fossilen Heizungen debattieren. Da hat sich die FDP-Fraktion schon gefragt, ob der GLP nach gut 10 Jahren Präsenz im Grossen Rat überhaupt der gesetzgeberische Prozess bekannt ist oder wahltaktische Aspekte eine Rolle spielten.
Inhaltliche Gründe gegen das Verbot
Wie die Grünliberale Partei (GLP) tragen auch wir mit "FDP.Die Liberalen" das Attribut "liberal" in unserem Parteinamen. Wir tragen anstatt eines Verbotes lieber den im Anhörungsbericht vom Regierungsrat geforderten Weg mit, bei einem Heizungsersatz der Anteil an nicht erneuerbarer Energie auf maximal 90 Prozent des massgebenden Bedarfs zu beschränken. So sehen es auch die Mustervorschriften im Energiebereich der Kantone, Ausgabe 2014 (MuKEn 2014), vor.
Klare Haltung der Fraktion
Die FDP-Fraktion lehnte demzufolge aus inhaltlichen, aber auch staatspolitischen Gründen die Motion einstimmig ab. Wir appellieren an die Respektierung des gesetzgeberischen Prozesses. Wir freuen uns auf die bevorstehende Debatte über die Revision des Energiegesetzes. Der Grosse Rat lehnte die Motion mit 88 zu 49 Stimmen deutlich ab und entschied sich zumindest vorerst für den liberalen Weg.
Berufslehre stärken: Einführung Modell BM Sek+
Das Modell BM Sek+, welches im Kanton Luzern seit 2021 angeboten wird, ermöglicht es leistungsstarken Schülerinnen und Schülern einen Teil des Schulstoffes der Berufsmaturität bereits in der Oberstufe zu absolvieren. Das Modell hat zum Vorteil, dass die zukünftigen Lernenden bei Beginn der Lehre mehr Zeit im Betrieb verbringen können. Das stärkt die Berufslehre. Der Regierungsrat soll deshalb prüfen, wie ein solches Modell im Kanton Aargau umgesetzt werden kann.
Einführung eines Titels "Professional Bachelor" Das Parlament diskutierte diesen Frühling erneut über den Titel «Professional Bachelor», der neu die Abschlüsse der höheren Fachschule bezeichnen soll. In diesem Zusammenhang soll der Regierungsrat beantworten, wie er die Einführung eines neuen Titels beurteilt und die Vor- und Nachteile einschätzt. Da der Regierungsrat Mitglied im Regierungsausschuss der FHNW ist, ist es zudem wissenswert zu erfahren, welche Meinung er in der Konferenz der kantonalen Bildungsdirektoren vertritt.
Ratsgeflüster
Neben- und Mitgeräusche der letzten Grossratssitzung
Für Aufregung oder Belustigung – je nach Blickwinkel – sorgte am Dienstag in erster Linie das Abstimmungssystem im Grossratsaal. Dass das Abstimmungsdiagramm auf den Bildschirmen nach den Frühlingsferien plötzlich spiegelverkehrt dargestellt wurde, vermochte auch Grossrätinnen und Grossräte aus der Fassung zu bringen, die sonst kaum um ein Wort verlegen sind. Rechts war nun links, hinten war vorne – und umgekehrt. Die Verwirrung bei gewissen Ratsmitgliedern war offenbar dermassen gross, dass sie bei der Abstimmung über den E-Voting-Vorstoss von FDP-Grossrat Yannick Berner und weiteren Ratsmitgliedern die verdrehte Ansicht auf die Abstimmungsanlage übertrugen und prompt falsch abstimmten. Oder wie SP-Grossrätin und Mathematikerin Carol Demarmels es formulierte "Nicht alle sind in der Lage, geistig eine Spiegelung des Abstimmungsdiagramms zu machen." SP-Co-Fraktionspräsidentin Colette Basler gestand reumütig, falsch abgestimmt zu haben und beantragte eine Wiederholung der Abstimmung. Ratskollege Rolf Haller (EDU) meinte in seiner direkten Entgegnung trocken, dass man als Ratsmitglied ausgeschlafen an die Sitzung zu kommen habe, damit man so abstimme, wie man auch tatsächlich abstimmen möchte. Fortsetzung der Geschichte: Das Rückkommen wurde abgelehnt, eine Ratsmehrheit mochte den Unausgeschlafenen keine zweite Chance einräumen. An der Nachmittagssitzung wurde dann auch das Abstimmungsdiagramm wieder wie gewohnt angezeigt: Rechts als rechts, links als links, hinten als hinten, vorne als vorne. Alles konnte – gottseidank – seinen gewohnten Trott nehmen.
Der Aargauische Ärzteverband lud interessierte Grossratsmitglieder zu einer Mittagsveranstaltung mit einem interessanten Referat zur Thematik der medizinischen Grundversorgung ein, ins Restaurant mit dem zum medizinischen Anlass durchaus passenden Namen "Core mio", "Im Herzen von Aarau". Der ehemalige "Rathausgarten" ist jetzt ein italienisches Lokal, die südländische Mentalität wird gelebt, auf der Speisekarte ebenso wie in der generellen Aufmachung. Jürg Lareida, Präsident des Ärzteverbandes, verliess während des Referates mit ernster Miene und entschlossenem Schritt kurz den Saal, mutmasslich in Richtung Küche bzw. Serviceareal. Ob er auf den eher hohen Lärmepegel des Personals ausserhalb des Saals hingewiesen oder Druck gemacht hat angesichts der Tatsache, dass der Hauptgang-Service um 13:20 Uhr noch nicht erfolgt war, ist nicht bekannt. In jedem Fall wurde das Essen kurz nachher serviert und der weiter ansteigende Lärmpegel wurde ab diesem Zeitpunkt einzig durch die Gäste verursacht. Und dies, obwohl für einmal an einer Mittagsveranstaltung kein Wein serviert wurde. Die Ärzte lebten diesbezüglich eine Kernaussage des Mittagsreferat vor: Für Prävention ist es nie zu spät.
Ratsflüsterer
Apéro Fédéral
von Maja Riniker
Nationalrätin Maja Riniker begrüsst zum Apéro Fédéral
mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter und weiteren Gästen.
15. Mai 2023, ab 18:00 Uhr, Aeschbachhalle Aarau
Informationen und Anmeldung unter www.maja-riniker.ch